Studie: Enzyme aus Darmbakterien könnten Weg zu universellem Spenderblut ebnen​

Forscher haben mithilfe von bakteriellen Enzymen erfolgreich die Blutgruppen-Antigene von Erythrozyten entfernt und sprechen von Universalblut.

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Venen, Blut, Adern

(Bild: piyaphong / shutterstock.com)

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Wissenschaftler der Technischen Universität Dänemark (DTU) und der Universität Lund in Schweden haben Enzyme des häufigen Darmbakteriums "Akkermansia muciniphila" verwendet, um A- und B-Antigene von der Oberfläche roter Blutkörperchen zu entfernen. Damit haben sie Blut enzymatisch in Spenderblut der Gruppe 0 umgewandelt. Das sei ein bedeutender Schritt hin zu Universalblut für Transfusionen, geht aus einer Mitteilung der DTU hervor.

Die Blutgruppe eines Menschen wird durch das Vorhandensein oder Fehlen von A- und B-Antigenen auf den Zuckerketten der Erythrozytenoberfläche bestimmt. Bei einer Transfusion müssen Spender und Empfänger kompatible Blutgruppen besitzen, sonst zerstört das Immunsystem die fremden Blutzellen und löst eine potenziell tödliche Reaktion aus.

Die Forscher testeten 24 von A. muciniphila produzierte Enzyme an Hunderten von Blutproben. Einige erwiesen sich als hocheffizient bei der Umwandlung von Blut der Gruppen A und B in Universalblut der Gruppe 0. "Wir sind nahe dran, universelles Blut aus Spendern der Gruppe B herstellen zu können, während es noch Arbeit bedarf, um das komplexere Blut der Gruppe A umzuwandeln", sagt Co-Autor Maher Abou Hachem vom DTU-Department für Biotechnologie und Biomedizin.

Universelles 0-Blut von allen Spendern würde laut den Forschern die Logistik von Bluttransfusionen vereinfachen, Fehltransfusionen verhindern und die Blutvergeudung minimieren. "Wenn ABO-universelles Spenderblut hergestellt werden kann, würde es den Transport und die Verabreichung sicherer Blutprodukte effizienter machen", erklärte Co-Autor Martin Olsson von der Universität Lund.

Trotz des Potenzials des Ansatzes bleiben laut Experten jedoch noch zu viele Fragen offen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt. Markus M. Müller vom DRK-Blutspendedienst in Frankfurt erklärte gegenüber dem Ärzteblatt, dass seit Jahrzehnten in einem geschlossenen System gearbeitet werde, um bakterielle Kontaminationen zu vermeiden. Er wies darauf hin, dass die Zugabe von Enzymen aus Darmbakterien zu lebensbedrohlichen anaphylaktischen Reaktionen führen könne. Außerdem müssten diese Enzyme anschließend wieder aus dem Blut entfernt werden, was die Qualität und Haltbarkeit der Erythrozyten beeinträchtigen könne.

Müller betonte auch, dass es nicht korrekt sei, von Universalblut zu sprechen, da es neben dem ABO-System hunderte weitere Blutgruppen gebe. Er räumte ein, dass der Ansatz wissenschaftlich und versorgungstechnisch interessant sei, aber für die klinische Anwendung noch nicht ausgereift sei und noch einen weiten Weg vor sich habe. Die dänischen Forscher haben ein Patent auf die Methode angemeldet. In den nächsten dreieinhalb Jahren wollen sie weitere Studien durchführen, bevor sie zu kontrollierten Patientenstudien übergehen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Microbiology veröffentlicht.

(mack)