Test Harley-Davidson Sportster S: Härte der Moderne

Seite 2: Test Harley-Davidson Sportster S

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Hinzu kommt die unglückliche Klappmesserhaltung des Fahrers mit weit vorgestreckten Armen und Beinen, sodass er keine Möglichkeit hat, sich irgendwie abzustützen. Ich bin noch nie so früh freiwillig mit verspanntem Rücken und schmerzendem Hintern von einem Motorrad abgestiegen. Lange dauert es aber ohnehin nie, bis die Sportster S anhalten muss, sie konsumiert für einer 1250er mit 5,4 Litern auf 100 km zwar relativ wenig Sprit, der 11,8-Liter-Tank lässt aber keine großen Reichweiten zu. Die lange Gesamtübersetzung senkt die Drehzahlen im sechsten Gang bei Tempo 100 auf etwa 3500/min, was sich positiv auf den Verbrauch auswirkt.

Das zweite Problem bildet der Vorderreifen im 160er-Format. Was andere Motorräder hinten montiert haben, rollt bei der Sportster S an der Front und verhindert jegliche Handlichkeit. Trotz der spitzen Kontur des Dunlop GT 503, erfordert das Einlenken einen sehr kräftigen Impuls am Lenker, in Schräglage will sich die Sportster S wieder aufstellen und drängt zudem Richtung Kurvenaußenrand. Rillen im Straßenbelag läuft sie hinterher wie ein folgsamer Hund seinem Herrchen. Dagegen verhält sich das 180er-Hinterrad im 16-Zoll-Format unauffällig.

Ein 160er-Vorderrad verdirbt der Sportster S jegliche Handlichkeit. Die Brembo-Bremse arbeitet sehr gut.

(Bild: Gach)

Die geometrischen Voraussetzungen der Sportster S mit einem Radstand von 1520 mm, einem Lenkkopfwinkel von 60 Grad und 148 mm Nachlauf sprechen zwar ohnehin gegen ein agiles Fahrverhalten, aber es mit einem ultrabreiten Vorderreifen noch zusätzlich zu erschweren, ist kontraproduktiv bei einem Motorrad, das "Sport" im Namen trägt. Harley-Davidson gibt die möglichen Schräglagenwinkel mit 34 Grad auf beiden Seiten an, entsprechend früh werden forsche Kurvenambitionen vom hässlichen Kratzen der Fußrasten unterbrochen.

Das Revier der Sportster S bilden somit gut geteerte Landstraßen mit langgezogenen Kurven und das Schaulaufen in der City. Hier jedoch kann sich die Harley-Davidson sehen lassen, nicht nur optisch macht sie viel her, sondern kann durchaus mit ihrer Dynamik überzeugen. Auch einige andere positive Punkte kann sie für sich verbuchen. So verzögert die einzelne, radial montierte Vierkolbenbremszange von Brembo das Vorderrad absolut zuverlässig, auch die hintere Bremse weiß sich durch gute Wirkung in Szene zu setzen. Der schmale LED-Scheinwerfer leuchtet nachts die Fahrbahn gut aus und die Rückspiegel an den Lenkerenden gewähren einwandfreie Sicht auf den Verkehr hinter dem Bike.

Harley-Davidson Sportster S Details (7 Bilder)

Die Schwinge besteht aus einer hübschen Stahlrohrkonstruktion, ebenso wie der Ausleger des Kennzeichenträgers.
(Bild: Gach)

Unangenehm wird es im Regen, weil durch die riesige Lücke zwischen dem Heck und dem an der Schwinge befestigten Kennzeichenträger spritzt der Hinterreifen ungehindert Wasser auf den Rücken des Fahrers. Auch die im Bugspoiler positionierte Batterie liegt im Spritzwasser des Vorderrads.

Harley-Davidson verlangt 18.495 Euro für die Sportster S in der Farboption "Vivid Black" plus 560 Euro Lieferkosten. Die Lackierungen "White Sand Pearl", "Gray Haze" und "Bright Billard Blue” kosten je 280 Euro Aufpreis. Kein Sonderangebot, aber der Revolution Max 1250T-Motor ist ein Sahnestück und wer gern im Straßenverkehr auffällt, ist mit der Sportster S goldrichtig bedient. Wer die stark gewöhnungsbedürftige Sitzposition, das knochenharte Fahrwerk und das unwillige Kurvenverhalten in Kauf nimmt, erwirbt mit ihr eine Harley-Davidson, die modernen Maßstäben gerecht wird.

(mfz)